Die Sache ist eigentlich gar nicht so kompliziert. Wer eine Gerichtsverhandlung wegen Krankheit versäumen muss kann sich entschuldigen. Er hat die Möglichkeit zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Erforderlich ist eine ärztliche Bestätigung über die Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten.
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) reicht nicht, auch wenn sie ein Arzt ausgestellt hat!
Legt man nur eine derartige AU-Bescheinigung vor hat man nur den Nachweis darüber erbracht, dass man arbeitsunfähig ist. Vor Gericht nützt das gar nichts! Arbeitsunfähigkeit und Verhandlungsunfähigkeit sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Wer arbeitsunfähig krank geschrieben ist kann durchaus in der Lage sein, an einer Verhandlung teilzunehmen (und umgekehrt).
Verhandlungsunfähig ist nur der, der nicht in der Lage ist, einer Gerichtsverhandlung zu folgen.
Unsere Strafprozeßordnung meint damit, dass ein Angeklagter dazu in der Lage sein muss, der Verhandlung zu folgen. Dazu gehört natürlich an erster Stelle, dass er soweit gesund sein muss, dass er sich ordnungsgemäß verteidigen kann. Er muss auch in der Lage sein dazu, selbst Fragen zu stellen und womöglich auch Anträge. Immerhin geht es ja um seinen Hals! Er muss also nicht nur gerade eben verstehen können, was da passiert in seiner eigenen Sache.
Letztlich entscheidet die Frage der Verhandlungsunfähigkeit aber nur das Gericht. Ein Verteidiger kann aber beraten.
Legt der Strafverteidiger eine entsprechende Bescheinigung bei Gericht vor prüft das Gericht die Frage der Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten in eigener Zuständigkeit. Bestehen Zweifel wird das Gericht seine Entscheidung erst nach Einschaltung des Landgerichtsarztes treffen. Liegt keine ausreichende Entschuldigung vor kann das Gericht die Polizei beim Angeklagten vorbeischicken. Es kann auch einen Sicherungshaftbefehl erlassen zur Vorführung des Angeklagten.
Im Berufungsverfahren gibt es auch die unangenehme Möglichkeit, dass die Berufung bei nicht ausreichender Entschuldigung einfach verworfen wird.
In diesem Falle kann der Angeklagte jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Er hat hierfür jedoch nur eine einzige Woche Zeit! Innerhalb dieser einen Woche muss ein mit diesem Thema vertrauter Strafverteidiger beauftragt werden, der den Antrag stellen kann. Geht alles gut wird die Berufungsverhandlung neu terminiert, an den Angeklagten, seinen Verteidiger und die Zeugen gehen neue Ladungen hinaus.