Wechsel des Pflichtverteidigers nur in Ausnahmefällen
Beate Zschäpe mußte es vor Kurzem ebenso akzeptieren wie ihre drei bisherigen Verteidiger gerade eben (nach neuester Nachrichtenlage von Montag): Ein Auswechseln des bzw. der Pflichtverteidiger ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen möglich. Dies ist auch in einem spektakulären Verfahren wie dem NSU-Prozeß nicht anders als in einem der vielen anderen Strafverfahren vor dem Amts- oder Landgericht. Die aktuellen Auseinandersetzungen vor dem OLG München zwischen Verteidigern und Gericht bzw. Angeklagter und Gericht um die Zurücknahme der Bestellung der 3 bisherigen Pflichtverteidiger zeigen vielmehr, wie schwierig eine solche Aufhebung der Beiordnung ist. Eine gesetzliche Regelung für solche Fälle fehlt nahezu komplett. Lediglich die Vorschrift des § 143 Strafprozeßordnung befaßt sich mit dieser Frage andeutungsweise, die wichtigsten Fragen wurden bisher und werden immer noch alleine durch die Rechtsprechung und die Literatur geregelt. Nach den bisherigen Urteilen und den einschlägigen Kommentierungen, – die der Staatsschutzsenat am OLG München im aktuellen Beschluß im NSU-Verfahren wieder bestätigt, – reicht es für einen Wechsel bei Weitem nicht aus, wenn man sich zwischen Mandant und Pflichtverteidiger nicht mehr versteht, vielmehr muß das Vertrauensverhältnis total zerstört sein. Genau für die Annahme dieser Vorausssetzung liegt die Hürde allerdings sehr hoch, wie man wieder sieht: Nach der geltenden Rechtsprechung muss eine Aufhebung der Beiordnung immer dann erfolgen, wenn die Durchführung einer effektiven Verteidigung nicht mehr möglich ist, – wenn also das Vertrauensverhältnis so erheblich beschädigt ist, dass diese effektive Verteidigund eben nicht mehr gewährleistet ist. Dass inzwischen sogar beide Seiten, – also nicht nur Frau Zschäpe, sondern auch ihre drei Verteidiger selbst, – die Zurücknahme der Bestellung wünschen, kann ein sehr starkes Indiz für eine solche totale Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses ein. Der Staatsschutzsenat des OLG wird daher sehr genau prüfen müssen, ob es jetzt nicht doch Zeit für eine Aufhebung der Beiordnung der bisherigen drei Verteidiger geworden ist, will er keine Aufhebung in de Revisionsinstanz riskieren. Der Senat ist damit sehr vorsichtig, denn eine Zurücknahme der Bestellung würde unausweichlich zu einem Platzen des NSU-Prozesses führen, die bisher absolvieretn mehr als 220 Hauptverhandlungstage wären komplett umsonst absolviert, das Verfahren müßte ganz von vorne beginnen: Denn es gäbe dann ja nur noch einen einzigen Verteidiger, – den 4. im Bunde, – der die ersten etwa 200 Verhandlungstage nicht mitgemacht hat. Der Senat ist damit in einer schweren Zwickmühle, um die er nicht zu beneiden ist: Beharrt er auf einer Fortführung der Verteidigung durch die drei bisherigen Anwälte kann er zwar versuchen, das Verfahren korrekt zu Ende zu führen, allerdings droht dann die Aufhebung eines Urteils im Rahmen des wohl unausweichlichen Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof und ein Neustart dann über die Schiene der Zurückverweisung zum OLG, wo dann ebenfalls alles neu und von vorne verhandelt werden müßte!