Beitrag zum Kachelmann-Fall
Der Fall Kachelmann lässt in bislang ganz ungewöhnlicher Weise auf breiter Front Medien und Fernsehzuschauer erschrecken. Ungewohnt deshalb, weil in früheren Fällen dieser Art, – wenn also irgendwelche Promis aus Film und Fernsehen, TV-Stars etc. mit dem Vorwurf der Vergewaltigung konfrontiert worden waren, – war es regelmäßig so, dass sie sofort nach Erhebung des Tatvorwurfs durch das vermeintliche oder tatsächliche Opfer alleine durch die Erhebung der Anschuldigung als verurteilt angesehen wurden und öffentlich geschmäht wurden. Eigentlich war es immer so, dass jemand mit Erhebung eines derartigen Tatvorwurfes durch eine Frau in der Öffentlichkeit als erledigt angesehen werden konnte.
Im Fall Kachelmann ist dies anscheinend ganz anders: Der sehr sympathische Wettermann der ARD wird trotz des gravierenden Vorwurfs nicht sofort und lange vor Beendigung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen öffentlich verurteilt und geschmäht, sondern plötzlich wird die Sache deutlich differenzierter als früher gesehen. Plötzlich erscheint es auch möglich, dass er gar nicht wirklich ein Straftäter ist, sondern, dass die Frau, die ihn da angezeigt hat, möglicherweise auch die Unwahrheit gesagt hat. Es wird ihm also plötzlich etwas zuteil, was eigentlich als absolute Selbstverständlichkeit anzusehen ist und was eigentlich schon längst in die öffentliche Diskussion in anderen und früheren vorangegangenen Fälle hätte passieren müssen, dass er nämlich bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig zu gelten hat.
In meiner beruflichen Praxis stellen sich die Dinge nämlich deutlich anders dar, als sie in der bisherigen öffentlichen Wahrnehmung angesehen worden sind. In meiner gesamten Berufspraxis seit 1994 als Strafverteidiger vorwiegend im Bereich der Sexualstrafverfahren gibt es nur eine einzige rechtskräftige Verurteilung wegen Vergewaltigung, die ich als Verteidiger eines Mandanten zu verzeichnen habe. In der ganz weit überwiegenden Zahl der sonstigen wegen Strafverfahren gegen Mandanten wegen des Verdachts des versuchten oder vollendeten Vergewaltigung hat es samt und sondern nur entweder Einstellungen im Ermittlungsverfahren nach § 170 II der Strafprozessordnung oder Freisprüche in Hauptverfahren gegeben.
Nach meiner persönlichen Berufsstatistik gibt es also nur das eine Fazit zu ziehen nämlich, dass die allermeisten Behauptungen dieser Art aus ganz anderen Gründen erhoben werden von den vermeintlichen Opfern, als das Erleben einer echten Vergewaltigung: In den allermeisten Fällen in meiner Berufspraxis jedenfalls hatten die Frauen ganz andere Gründe, die gar nichts mit einer Straftat des Beschuldigten bzw. Angeklagten zu tun hatten. Nach meinen Erfahrungen mit meinem Beruf als Strafverteidiger ist also mit dem Vorwurf der Vergewaltigung mit äußerster Vorsicht zu genießen.
Leider sieht es in der Bürostrafrechtspraxis der Staatsanwaltschaften ganz anders aus. Mit der Erhebung des Vorwurfs der Vergewaltigung wandert der Beschuldigte in Untersuchungshaft und sitz hier für Wochen und Monate, bis endlich seine Unschuld bewiesen ist. Bis dahin ist er längst erledigt, denn leider gilt der Grundsatz: ?Irgendetwas bleibt immer hängen!? Letztlich will dann doch keiner mehr mit jemanden etwas zu tun haben, der wegen des Verdachts der Vergewaltigung Wochen oder Monate in Untersuchungshaft gesessen war und dann vielleicht ja nur deshalb wieder rausgekommen ist, weil man ihm halt seine Schuld nicht so recht nachweisen konnte.
Auch im Fall Kachelmann wird dies womöglich so geschehen und seine Karriere als Wettermann bei der ARD ist erledigt, weil sich die ARD es sich sicherlich nicht leisten will, einen eventuellen Vergewaltiger allabendlich zehn Minuten vor der Tagesschau als Wettermann zu präsentieren.