Der Ermittlungsrichter am Amtsgericht München hat im November des letzten Jahres gegen einen 22-Jährigen aus dem Münchner Umland Haftbefehl erlassen, der im Wesentlichen mit Wiederholungsgefahr und Fluchtgefahr wegen hoher Straferwartung begründet worden ist. Hintergrund des Haftbefehls war eine intensive Fahnung der Münchener Polizei nach einem jungen Mann, der mehrere ältere Damen überfallen und ihnen die Handtaschen geraubt hatte. Die Polizei war jedesmal sofort zu Hilfe gerufen worden, allerdings immer erst, nachdem der Täter bereits verschwunden war. Aufgrund der intensiven Fahndung gelang es dann, den Tatverdächtigen zu fassen, der sofort die Taten gestand. Wie sich herausstellte handelte es sich um einen Beschuldigten, der durchaus unter der Rubrik Intensivtäter geführt werden könnte, denn er war wenige Monate zuvor erst nach fast dreijähriger Strafhaft aus der Jugendstrafanstalt entlassen worden, was er sich wegen seines langen Vorstrafenregisters eingefangen hatte.
Der junge Beschuldigte (Verteidiger RA Florian Schneider) hatte bei der Haftentlassung im letzten Sommer durchaus zunächst den festen Vorsatz gehabt, ab dato ein straffreies Leben führen zu wollen und dies auch etwa zwei Monate durchgehalten. Dann hatte ihn allerdings wieder sein altes Problem eingeholt, nämlich seine Drogensucht, die er bis heute immer noch nicht erfolgreich behandelt hat. Da sein Arbeitsverdienst vorne und hinten nicht ausreichte, den hohen Konsum von Kokain und vor allem mengenweise Cannabis zu finanzieren und der Konsumdruck immer größer wurde war er letztlich doch wieder in sein altes Muster verfallen, mittels Straftaten seinen Extremkonsum zu finanzieren. Daher hatte er dieses Mal auf die Idee gehabt, ältere Damen zu überfallen, um denen die Handtaschen zu rauben.
Bei den Raubtaten, die dem Beschuldigten angelastet werden, handelt es sich also sozusagen um klassische Beschaffungskriminalität. Sobald er wieder im Knast sitzt und der Kopf klar wird ist er froh und glücklich, dem Konsumdruck entkommen zu sein und empfindet seine Untersuchungshaft im Grunde als Wohltat. Sein größter Wunsch ist allerdings, draußen mit dem Leben klarzukommen, ohne wieder von den Droge eingeholt zu werden. Die bevorstehende Hauptverhandlung wird also für die Verteidigung mit dem Ziel „Therapie statt Strafe“ zu führen sein, um den Beschuldigten endlich in eine erfolgreiche Therapie zu bringen: Nach den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetztes ist es nämlich möglich, anstelle einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Jahren eine Drogentherapie zu absolvieren und dann im Erfolgsfalle den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt zu bekommen. Für den sehr therapiewilligen Beschuldigten also eigentlich genau der richtige Weg. Hier wird allerdings das Problem zu bewältigen sein, dass der Beschuldigte als Intensivtäter erheblich vorbestraft ist und nach den Vorstellungen der Staatsanwaltschaft weit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe im Raum stehen. Er wird also mit einem umfassenden Geständnis und echter Aufklärungshilfe zu seinen Lieferanten möglichst viel gutes Wetter machen müssen, um sein Ziel zu erreichen.