Knastboten verhindern Prozess-Deal
Spätestens nachdem die Polizei die Wohnung gestürmt und durchsucht hatte war es vorbei mit der Freundschaft. Die Angeklagte wollte nichts mehr wissen von ihrem Freund. Er hatte nach Anklage von ihrer Wohnung aus übers Darknet einen schwunghaften Drogenhandel aufgebaut und damit de facto seinen Lebensunterhalt bestritten. Während die Angeklagte arbeiten gegangen war hatte ihr Freund sich mit seinen Drogengeschäften ein schönes Leben gemacht.
Zur Sicherheit hatte der Ex nicht seine eigene Wohnung für die Entgegennahme der Lieferungen aus dem Darknet angegeben, sondern die Adresse seiner Freundin.
Als die Polizei einen der Lieferanten aus dem Darknet fassen und seine Lieferungen nachverfolgen konnte flog er auf. Die Polizei stellte mehr als 100 Gramm an Amphetaminen und Kokain sicher. Da die Wohnung auf den Namen seiner Freundin lief ging nicht nur er, sondern auch sie erst einmal in den Knast.
Mit einer sofortigen Klarstellung der Verhältnisse gelang es der 28-jährigen Mutter eines kleinen Mädchens (Verteidiger RA Florian Schneider) jedoch, nach einigen Tagen wieder frei zu kommen.
Es blieb jedoch dabei, dass sie auch einmal mitbekommen hatte, dass ihr Freund im Kühlschrank Kokain verwahrte. Deshalb wurde nicht nur ihr Freund zum Schöffengericht in München angeklagt, sondern auch sie selbst. Gericht und Staatsanwaltschaft waren durchaus bereit dazu, nicht nur der Frau, sondern auch ihrem Ex eine Bewährung zu geben.
Im Prozess berichtete die Frau dann aber plötzlich, dass ihr Ex sie schon zum zweiten Mal aus dem Knast heraus kontaktiert hatte und ihr Knastboten geschickt hatte, die sie anrufen sollten.
Die Absicht des Mannes war, an Geld heranzukommen, mit dem er sich im Knast wieder Drogen verschaffen konnte. Angesichts dieser Angaben der Frau war plötzlich alles anders. Das Amtsgericht unterbrach die Verhandlung, die Staatsanwaltschaft vernahm über die Kripo die Angeklagte zu ihren Informationen bezüglich ihres Ex.
Trotz einer erfolgreichen Absprache im Strafprozess kann ein Deal jederzeit widerrufen werden.
Nämlich dann, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben, die das erzielte Ergebnis als nicht mehr angemessen erscheinen lassen. Die Staatsanwaltschaft wird nun nach der Ermittlung der beiden Boten des Angeklagten und nach deren Vernehmung den Deal mit dem Ex platzen lassen. Damit bleibt für ihn nur noch der Weg in die Vollzugsstrafe. Einer Bewährung wird die StA sicher nicht mehr zustimmen. Denn eine entscheidende Begründung für die Bewährung war ja, dass der Angeklagte im Knast drogenfrei angeblich geworden war und auch angeblich eine Therapie anstrebt.
Die Knastboten verhindern also den Prozess-Deal.
Durch die Knastboten ist aber klar, dass es mit der Drogenfreiheit nicht sehr weit her ist und er nach wie vor Drogen für sich organisiert. Beim Fortsetzungstermin wurde der Deal dann widerrufen. Der Ex wurde im Ergebnis dann nicht mehr zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er bekam stattdessen eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten. Die Frau selbst bekam nur eine kurze Bewährung.