Krailling – Mörder lebenslang
In dem als Kraillinger Doppelmord bekannt gewordenen Fall hat das Schwurgericht München den Angeklagten Thomas S. vor kurzem zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Dem 51-jährigen Postboten wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, seine beiden Nichten aus Habgier ermordet zu haben. Das Gericht war aufgrund der DNS-Spuren des Angeklagten am Tatort von dessen Täterschaft überzeugt. Es folgte daher in seinem Urteil dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft und verhängte die nach dem deutschen Strafgesetzbuch einzig mögliche Strafe für Mord, also lebenslänglich. Aufgrund der besonderen Verwerflichkeit der Tat und der ausgeübten Brutalität des Täters gegenüber zwei Kindern stellte es zusätzlich die besondere Schwere der Schuld fest.
Entgegen weit verbreitetem Irrtum ist die nach dem deutschen Strafgesetzbuch für Mord zwingend vorgesehene Strafe nicht im wörtlichen Sinne gemeint. Der Angeklagte wird den Rest seines Lebens also nicht in Haft verbringen. Irrglaube ist auch, dass die lebenslängliche Freiheitsstrafe nach höchstens 15 Jahren verbüßt ist. So entschied das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1977, dass die Achtung der Menschenwürde – als oberstes Verfassungsprinzip – es erfordert, den zu Lebenslänglich Verurteilten die Chance zu geben, jemals wieder in Freiheit zu kommen. Als Reaktion auf diese Leitentscheidung wurde § 57a in das Strafgesetzbuch eingefügt. Diese wohl eher unbekannte Vorschrift spielt dabei eine tragende Rolle, denn sie ermöglicht auch bei einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe die vorzeitige Haftentlassung – juristisch genannt: die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung. Notwendige Voraussetzung für diese vorzeitige Entlassung ist u.a. dass mindestens 15 Jahre verbüßt sind. Im Durchschnitt werden bei der lebenslänglichen Freiheitsstrafe sogar 20 Jahre verbüßt.
Die vorzeitige Entlassung wird aber dann ausgeschlossen, wenn durch das Gericht die besondere Schwere der Schuld ausdrücklich festgestellt wurde. Das Schwurgericht kann nämlich aufgrund bestimmter schuldsteigernder Motive des Täters sowie bei Vorliegen besonders verwerflicher Tatbegehung, wie z.B. die Tötung von mehreren Menschen diese gesonderte Feststellung treffen. In einem Fall wie beim Kraillinger Mörder – bei denen das Tatbild mit gewöhnlichen Mordfällen in keiner Weise vergleichbar ist, wird der Straftäter mit einer vorzeitigen Entlassung nicht mehr rechnen können. Lebenslänglich kann in diesen Fällen also durchaus wirklich lebenslänglich bedeuten.