Maßregel statt Haft
Der Dreißigjährige (Verteidiger RA Florian Schneider) hatte es als großen Erfolg verbucht. Nach jahrelangem Drogenkonsum und vielen Verurteilungen sollte es nun endlich mit einer Therapie klappen. Viele Anläufe zu freiwilligen Therapiemaßnahmen waren gescheitert. Therapie also anstelle einer langen Haftstrafe. Gleich zwei Amtsgerichte erkannten nach entsprechenden Begutachtungen kurz hintereinander auf Maßregel statt Haft.
Maßregel statt Haft bedeutet für einen Angeklagten Drogentherapie statt Knast.
Angesichts der Sinnlosigkeit langer Haftstrafen ein echter Fortschritt. Strafvollzug in den regulären Justizvollzugsanstalten bewirkt letztlich nicht viel bei den Verurteilten. Die Rückfallquoten sind hoch. Im Knast gibts wenig Perspektiven und viel Drogen. Verlorene Zeit anstelle sinnvoller Therapien.
Die Maßregel statt Haft wird im Urteil zusammen mit einer Haftstrafe angeordnet.
Zunächst findet der Vorwegvollzug eines gewissen Anteils Haftzeit statt, meist die angerechnete U’haftzeit und ein wenig Strafhaft schon mal oben drauf. Dann wechselt der Verurteilte in die Klinik. Arbeitet er hier engagiert mit und absolviert er erfolgreich seine Drogentherapie bekommt er den Rest der Strafe auf Bewährung.
Gibts Probleme in der Theapieeinrichtung fliegt er aus der Klinik raus.
Dem Verurteilten wird in diesem Fall ein Abbruchschreiben mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft beantragt bei der Strafvollstreckungskammer den Abbruch der Maßregel. Die Grundlage hierfür ist eine Stellungnahme der Klinik, wonach der Abbruch empfohlen wird, weil eine Fortführung der Maßregel keinen Erfolg mehr verspricht.
Das Gericht trifft die Entscheidung, ob es weiter Maßregel statt Haft heißt.
Die Stellungnahme der Klinik wird dem Verurteilten mitgeteilt. Sinnvollerweise bespricht der Verurteilte diese zunächst mit einem Verteidiger. Sodann muss eine Gegenvorstellung hierzu ans Gericht geschickt werden. Der Verurteilte sollte sich gute Argumente überlegen, wie er dem Abbruchantrag entgegnen kann.
Im Rahmen einer persönlichen Anhörung durch das Gericht nehmen alle Beteiligten Stellung.
Bei diesem Anhörungstermin äußern sich sowohl die behandelnden Ärzte als auch der Verurteilte und sein Verteidiger und die Psychologen. Die Strafvollstreckungskammer trifft dann eine Entscheidung. Regelmäßig orientieren sich die Richter allerdings an den Empfehlungen der Ärzte und Psychologen. Dem Antrag der Staatsanwaltschaft wird deshalb meist stattgegeben.
Dem Verurteilte bleibt dann nur noch die sofortige Beschwerde.
Entscheidet auch das Oberlandesgericht auf Abbruch gehts direkt zurück in den Knast. Hier muss dann zumeist die gesamte restliche Haftstrafe verbüßt werden. Angerechnet werden allerdings nach wie vor die Zeiten in der Untersuchungshaft und die im Maßregelvollzug. Problem allerdings: Mit einer Reststrafaussetzung zur Bewährung schaut’s nach einem Abbruch schlecht aus!
Nach einem Abbruch droht in der Regel die Endstrafe.
Der Verurteilte hat durch den Abbruch bewiesen, dass er nicht bewährungswürdig ist. Er muss sich im Strafvollzug deutlich stärker engagieren als andere Häftlinge, wenn er früher raus will.