In der Revision steht’s jetzt Spitz auf Knopf. Die Mutter eines kleinen Kindes hatte es einfach übertrieben. Zum soundsovielten Male war sie erwischt worden. Immer wieder war sie in einen Laden gegangen und hatte beim Hinausgehen vergessen, zu bezahlen.
Auf die Dauer kann es nicht immer nur Geldstrafen geben
Es waren ja nie große Werte gewesen, die sie geklaut hatte. Deshalb hatte es bei den ersten Malen vor Gericht immer nur Geldstrafen gegeben. Auch später gab’s nur eine Bewährung, weil es ja wieder nur Kleinbeträge gewesen waren. Irgendwann Anfang diesen Jahres war aber dann einer Richterin am Amtsgericht München der Geduldsfaden mit der notorischen Angeklagten gerissen. Auch wenn der Wert des Diebesgutes weniger als dreißig Euro betragen hatte zog die Richterin die Rote Karte. Sie verhängte einen Monat Haft ohne Bewährung. Das wohl entscheidende Problem: Die Angeklagte war trotz der drohenden Haftstrafe ohne Verteidiger.
Auch in der Berufung gab’s keine Rettung.
Daran lag’s wohl auch, dass auch der Berufungsrichter kein Einsehen haben wollte: Die Angeklagte hatte immerhin eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt. Danach ist die Frau infolge einer Hirnverletzung geistig eindeutig eingeschränkt. Auch dies interessierte die Berufungskammer jedoch nicht weiter. Auch die II. Instanz verurteilte sie zu einer Haftstrafe. Sie war auch in dieser Instanz ohne Rechtsbeistand geblieben.
Trotz der drohenden Haftstrafe legte die Angeklagte ohne Anwalt Revision ein
In der dafür zuständigen Stelle des Landgerichts nahm man dann ihre Revision entgegen. Die Angeklagte war weiterhin ohne Verteidiger unterwegs. Sie legte ihre Revision nur zu Protokoll eines Urkundsbeamten ein. Wie nicht anders zu erwarten droht nun auch das Revisionsverfahren verloren zu gehen. Denn dem Oberlandesgericht als Revisionsinstanz liegt keinerlei anwaltliche Revisionsbegründung vor. Das bedeutet, dass keine von einem Verteidiger gefertigte Begründung für die Revision abgegeben wurde! Die vielen Fehler in dem Strafverfahren gegen die Frau bleiben damit ohne Folgen!
Kurz vor Ablauf der letzten Frist ging es dann doch zum Anwalt
Als die Generalstaatsanwaltschaft die Verwerfung der Revision der Frau beantragte kapierte sie es endlich. Ohne Anwalt geht in diesem Rechtssystem einfach gar nix! Weder ihr Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers noch ihre ärztliche Bescheinigung hatten ihr aber geholfen. Beide Instanzen hatten sie verurteilt, obwohl es jede Veranlassung gegeben hätte, sie ärztlich auf ihre Zurechnungsfähigkeit zu untersuchen. Nun ist es wohl zu spät. Auch die Revisionsinstanz wird ihr nicht helfen.
Bei Verurteilung zu einer Haftstrafe wird auch die vorangegangene Bewährung widerrufen
Die Angeklagte wird sich deshalb auf insgesamt 4 Monate Strafhaft einrichten müssen. Sie bringt immerhin 3 Monate auf Bewährung aus der vorangegangenen Verurteilung mit.
Die Lehr‘ aus der Geschicht: Ohne Anwalt läuft es nicht!
Mit Angeklagten, die ohne Verteidiger vor Gericht erscheinen, haben Richter ein leichtes Spiel. Nur ein Strafverteidiger weiß, wie man welche Anliegen in ein Verfahren einbringt. Wer schon meint, es in den Tatsacheninstanzen unbedingt alleine versuchen zu müssen, soll sich wenigstens für die Revision einen Strafverteidiger suchen.