Haft für Steuerhinterziehung, so lautete vor Kurzem im Amtsgericht München das Urteil. Ein Münchner Gastronom war in Rahmen einer Betriebsprüfung in Verdacht geraten, Steuern hinterzogen zu haben. Die Höhe der nicht korrekt erklärten und bezahlten Steuern war geschätzt worden. Hieran entzündete sich der Streit.
Die Schätzung der Umsätze ist nur dann erlaubt, wenn die Umsatzberechnungen laut Kasse des Lokals wegen irgendwelcher Auffälligkeiten von der Steuerfahndung verworfen werden können.
Dann hat das Finanzamt freie Bahn. Im vorliegenden Fall waren Umsätze aus lange zurückliegenden Zeiträumen in Höhe von Hunderttausenden von Euro geschätzt worden. Die Schätzungen der Umsätze und damit auch der Gewinne eines Lokals sind nicht zufällig brutal. Sie sollen eventuelle Nachahmungstäter abschrecken.
Die Höhe der Strafe hängt entscheidend ab von der Höhe der verkürzten bzw. hinterzogenen Steuern.
Je höher also die nicht erklärten und womöglich auch später noch nicht entrichteten Steuern sind desto höher fällt die Strafe aus. Haft für Steuerhinterziehung kann es kann schnell geben, wenn gleich mehrere Hunderttausend Euro verkürzt worden sind.
Haft für Steuerhinterziehung gibts ganz schnell aber auch dann, wenn weder ein Geständnis noch eine Rückzahlung der (geschätzten) Steuern im Verfahren vorliegen.
Nicht nur die Schätzungen sind also brutal, sondern auch die darauf folgenden Urteile der Gerichte. Brutal sind diese Urteile deshalb, weil Gerichte oft die Schätzungen der Finanzverwaltung mehr oder minder ungeprüft übernehmen.
Eine krasse Verletzung des Rechtsstaatsprinzips und des Gewaltenteilungsprinzpis ist Alltag.
Geben die Zeugen der Steuerfahndung an, alles richtig gemacht zu haben und nicht willkürlich geschätzt zu haben, ist für die Gerichte alles in Butter: Sie übernehmen die Schätzungen de facto völlig ungeprüft und ohne jedes Hinterfragen der Schätzungsgrundlagen.
Letztlich schreibt also die Steuerfahndung das Strafurteil, auch wenn es um Haft für Steuerhinterziehung geht.
Alltag in vielen Gerichten. Weder Staatsanwälte noch Richter sind in der Regel Leute mit Steuerkenntnissen. Man verläßt sich also einfach auf die Angaben des Fiskus. Bedenken von im Steuerfach deutlich besser bewanderten Verteidigern werden vom Tisch gewischt. Macht es sich schön einfach und kriegt sein Verfahren schnell zu Ende. Man kann sich ja auf Fachleute berufen, sagen die Richter. Die werden es schon wissen!
Dabei vergessen die Strafjuristen, dass die vermeintlichen Fachleute zur Finanzverwaltung gehören und damit auf der Ermittlerseite stehen und natürlich Haft für Steuerhinterziehung erreichen wollen.
Also auf der Seite, die die Strafverfolgung betrieben hat und ein elementares Interesse an der Verurteilung hat. Die also nicht neutral ist und unabhängig. Eine schwere Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung!
Hätte das Gericht es sich nicht so einfach gemacht wäre klar geworden, dass die Berechnungsgrundlagen für die Schätzungen des Finanzamts nicht gestimmt haben.
Stimmen die Schätzungsgrundlagen nicht stimmen auch die geschätzten Umsätze nicht. Und damit auch die geschätzten Gewinne nicht. Und vor allem die auf Basis der Gewinne errechneten Steuern nicht. Gehts um Haft ist der Spaß aber vorbei!