Der 66-jährige Münchner bekam gerade das Schreiben der Strafvollstreckungsbehörde. Er muss binnen 2 Wochen seine Haftstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten antreten. Das Schreiben kam unvermittelt. Vor Gericht hatte er diese Strafe noch als Bewährungsstrafe erhalten. Von einer Haftstrafe wußte er nix. Erst durch seinen Verteidiger (RA Florian Schneider) erfuhr er, dass inzwischen etwas passiert sein und er wohl etwas verpaßt haben mußte. Stattdessen gab nach Fristversäumung nur die Ladung zum Haftantritt.
Ein gar nicht so seltener Vorgang: Nach Fristversäumung Ladung zum Haftantritt.
Befindet man sich innerhalb offener Bewährung kann es passieren, dass man eine Anhörung vom Gericht bekommt. Die Staatsanwaltschaft hatte dann beim Bewährungsgericht beantragt, die Bewährung zu widerrufen. Daraufhin lädt das Gericht den Verurteilten zu einem Anhörungstermin. Der Vorwurf seitens der StA lautete möglicherweise auf Bewährungsversagen.
Innerhalb offener Bewährung kann von Gericht jederzeit heikle Post kommen!
Der 66-Jährige hatte aber solche Post nicht erhalten. Hierin mußte ihm, – so die Vermutung, – der Antrag auf Bewährungswiderruf durch die Staatsanwaltschaft mitgeteilt worden sein. Gleichzeitig mußte er wohl eingeladen worden sein zu einer gerichtlichen Anhörung. Wo diese Post abgeblieben ist weiß er nicht.
Der Verurteilte wußte gar nix von einem Bewährungswiderrufsverfahren oder einer Anhörung.
Auch ein Schreiben wegen eines Widerrufs hatte er nie gekriegt. Fakt ist, dass der Verurteilte schwer erkrankt war und sich lange im Krankenhaus aufgehalten hatte. Dies könnte ihm allerdings helfen, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend zu machen. Denn er könnte vortragen, die Frist zur Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen den Bewährungswiderruf ohne Verschulden verpaßt zu haben.
Es ist unerläßlich, immer auf seine Post zu achten und den Briefkasten immer im Auge zu behalten.
Wenn Verurteilte ihrer analogen Post nur halb soviel Aufmerksamkeit schenken wie ihrer digitalen dann ist alles gut. Das Gesetz erwartet von Verurteilten, die auf Bewährung frei sind, dass sie alle nur mögliche Aufmerksamkeit gerichtlicher Post widmen! Einfach sich um seine Post nicht kümmern ist tödlich. Eine Wiedereinsetzung kommt dann nicht in Frage.
Wer dies nicht tut bei dem heißt’s nach Fristversäumung Ladung zum Haftantritt!
Nur wenn ein Verurteilter ohne Verschulden daran gehindert ist, eine Frist rechtzeitig wahrzunehmen, kann er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und seinen Rechtsbehelf auch verspätet wirksam einlegen. Das Verfahren zur Wiedereinsetzung ist sehr kompliziert. Der Verurteilte muss glaubhaft machen, dass er die Fristversäumnis nicht verschuldet hatte. Dies wird vom Gericht kritisch geprüft. Erst wenn hier Grünes Licht kommt gehts für den Rechtsbehelf weiter.